Mittwoch, 26. Februar 2014

Schiefgegangen und gelungen


btb

Vom Absinken ins Spießertum und vom Aufsteigen zum Künstler

Patronatskinder
No 12 und No 13


RichardYates
Zeiten des Aufruhrs

Ach! wo Liebe sanft und wild zugleich!
John Keats
(Motto des Romans)

"Revolutionary Road" heisst der Roman im Original, der 1961 bei Little Brown, NY, erschienen war und hier in der Übersetzung von Hans Wolf nach einer Neuauflage von 2000 bei Vintage vorliegt. Revolutionary Road ist die Adresse des Paars, und der Roman beginnt mit Theater:
"Als die letzten Geräusche der Generalprobe verklungen waren, blieben die Laurel Players noch eine Weile stumm und hilflos stehen und schauten blinzelnd über das Rampenlicht in den leeren Zuschauerraum."
Was lässt unsere Träume verblassen und nimmt unseren Schwung? In "Zeiten des Aufruhrs" wirft der Autor einen eindringlichen Blick in das Leben vom hoffnungsvollen Paar April und Frank Wheeler. Der Leser wird in die fünfziger Jahre transportiert, in eine Stadt in Conneticut. In ungekünstelter Prosa und mit spürbarer Sympathie zu seinen Helden erzählt Richard Yates uns, wie so etwas geschehen kann, und es wird zur Literatur, die den Vorhang zur Bühne unserer eigenen Leben hebt.
Kunstmann

Quentin Blake und John Cassidy
Zeichnen für verkannte Künstler

Hier scheitert keiner, und Freude ist gewiss: her mit Stiften und Papier und los geht's!
Das Lob auf Quentin Blake habe ich schon im Zusammenhang mit den Büchern von Roald Dahl gesungen: "Meet Illustrator Quentin Blake". John Cassidy ist Gründer des erfolgreichen Kreativ-Buch Verlags Klutz, mit dessen Anleitung sich unsere Kinder schon leidenschaftlich dem Seilchenspringen, Perlenknüpfen, Fadenspiel und Knicker gewidtmet hatten. Dieser schöne Band zum ungehemmten lustvollen Zeichnen ist also, übersetzt von Ruth Keen, für deutschsprachige kleine und große Künstler zu haben.

Beide Bücher werden empfohlen vom Buchpatron. Je suis tout à fait d'accord!

PS: Siehe auch Quentin Blake, Zagazoo

Freitag, 14. Februar 2014

Übersetzt, übertragen, nach- und umgedichtet


Libelle, Lilienfeld, Diogenes oder: 
von Shijing und Edward Gorey

Im Januar ging hier in der Buchhandlung die Ausstellung mit chinesischer Tuschmalerei aus der Volkshochschulklasse von Wang Lan zu Ende, und sozusagen als Nachgesang verweise ich hier auf Fritz Mühlenweg und seiner Übertragung (veröffentlicht 1945 im Hans Dulk Verlag) wirklich sehr alter chinesischer Dichtung unter dem Titel "Tausendjähriger Bambus".

"[...] ein leis knisterner Titel, kurz nach dem Niederbruch eines Regimes, das sich zwölf Jahre lang als "Tausendjähriges Reich" aufgeführt hatte. [...]" - schreibt Ekkehard Faude in seinem ausführlichen, aufschlußreichen und anregenden Vorwort.

Hier ist ein Beispiel aus der Auswahl von 46 Gedichten; und weil es Valentinstag ist, habe ich dies gewählt:

Libelle
Im Häuserschatten

Im Häuserschatten habe ich dich angerührt, 
so zart, wie man nur nach Mimosen greift. 
Vergib! Hat meine Demut deinen Mund verführt, 
 weil er die blasse Wange wieder streift? 

Ich bitte dich so sehr: Entzieh mir nicht die Hand 
und wende deinen Blick vom Sonnenlicht 
ins Dunkel meiner Liebe, die am Straßenrand 
die müden Finger um die deinen flicht. 

Wie es sich schickt, ist der Libelle Verlag ein weiterer Verlag aus der Schweiz (siehe: Vorlesen am Montag, Dörlemann). Ergo feiere ich auch auf dem Buchprogramm-Blog die Schweiz als Gastland auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse.

"Tausendjähriger Bambus"
übersetzt von Fritz Mühlenweg
Libelle, 2002 (in 2. Auflage)
liebevoll und sorgfältig gestaltet,
im feinen Hochformat
13,90 €
*
Lilienfeld
Der Lilienfeld Verlag ist zwar aus Düsseldorf und nicht aus der Schweiz, aber er ist auch einer der unabhängig mit Herz und Geist verlegenden Häuser, die zu übersehen oder zu übergehen uns ein gewaltiges Stück ärmer ließe. Lilienfeld teilt mit dem Schweizer Verlag Diogenes das Verdienst, Edward Gorey dem deutschsprachigen Publikum schmackhaft zu machen. Irgendwie scheint der deutsche Leser aber auch mit dem skurrilen englisch anmutenden Humor des Amerikaners Gorey Schwierigkeiten zu haben. Das schlägt sich auch in der Nachdichtung von Alex Stern nieder, dem es aber immerhin gelang, die Turbulenzen und Eskapaden des fragwürdigen Gastes in Versform zu bringen. Wo Gorey munter in (ich nehme mal an, dass es sie sind) Hexametern dichtet: "At times it would tear out whole chapters from books / Or put roomfuls of pictures askew on their hooks", heisst es bei Alex Stern: "Manchmal sollte es komplette Kapitel aus Büchern fetzen / Oder die Gemäldehängung ganzer Räume ins Schiefe versetzen".

Edward Gorey
Ein fragwürdiger Gast
übersetzt von Alex Stern (A Doubtful Guest, 1957)
Lilienfeld, 1. Auflage 2013
Halbleinen
12,90 €

Der Schreckelhuck, ja der ist weit.
Da wäre noch Goreys "Wuggly Ump", zu Deutsch, damals bei Diogenes: "Der Schreckelhuck", und ich hoffe sehr - (wenn auch etwas schlottrig, wenn man bedenkt, wen man sich da herbeiwünscht) - also ich hoffe sehr, dass einer der beiden Verlage ihn wieder herbeiholt, weil da Dieter E. Zimmer nämlich wirklich genial (man sagt da wohl: kongenial) zu Werke gegangen ist.

hier Gorey:
Sing tirraloo, sing tirralay,
The Wuggly Ump lives far away.

It eats umbrellas, gunny sacks,
Brass doorknobs, mud, and carpet tacks.

und hier Zimmer:
Sing dilidut, sing dudlideit,
Der Schreckelhuck, ja der ist weit.

Er lebt von Schlamm und Teppichzwecken,
Von Schirmen, Knäufen, Jutesäcken.
So muss es sein!

PS.:Hier ist ein englischsprachiger Blog von einem Gorey-Fan für alle, die sich etwas kundig machen wollen über den verehrten Edward Gorey: Goreyana

Für alle, die sich in der Schröerschen "Kundig" machen wollen,
hier die Bücher von und mit Edward Gorey.
Weitere Titel, deutsch oder englisch, bestelle ich gerne.
Ein fragwürdiger Gast
Die Wasserblüte
The Haunted Looking Glass